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Stollberg, 26.10.2025
Kein einziges Mal lagen die Gastgeber in der ersten Hälfte des Erzgebirgsderbys in Führung. Doch nach der Pause drehten sie auf – und ließen sich auch von einer Schrecksekunde nicht beirren.
Zwönitz. So richtig wollte Tony Kinder nicht mit der Sprache herausrücken – und das ist in diesem Fall auch durchaus verständlich. „Was in der Kabine besprochen wird, bleibt auch in der Kabine“, stellte der Trainer der Zwönitzer Oberliga-Handballer am Samstagabend klar. Gerade hatte seine Mannschaft nach einer berauschenden zweiten Halbzeit das Juniorteam des EHV Aue mit 29:27 in die Knie gezwungen. Und das nachdem der Aufsteiger im ersten Durchgang nicht ein einziges Mal in Führung lag. Irgendetwas muss also passiert sein in der Pause.
Atmosphäre beflügelt Spieler
Kein Zauberstab, keine magischen Tricks, sondern das Vertrauen in die eigene Stärke. „Bei uns lässt keiner den Kopf hängen, wenn es mal nicht so richtig läuft“, sagte Nico Köhler. Der Rückraumspieler ging nach Wiederbeginn voran, half mit zwei Treffern kräftig mit, den 13:16-Pausenrückstand binnen nicht einmal fünf Minuten aufzuholen und war am Ende mit sieben Treffern hinter dem Tschechen Ondrej Lacina bester Zwönitzer Werfer. Da konnte er es auch verschmerzen, nur drei seiner fünf Siebenmeter verwandelt zu haben. „Einer ist mir aus der Hand gerutscht. Aber wir haben gewonnen, da ist das nicht so schlimm.“ Zumal er auch gar nicht der standardmäßige Siebenmeterschütze sei. „Aber Vincent“ – gemeint ist Vincent Meischner – „ist zurzeit verletzt.
Für den Ruck, der im zweiten Durchgang durch seine Mannschaft ging, machte Nico Köhler aber auch das Fluidum in der Niederzwönitzer Sporthalle verantwortlich. Um die 300 Handballfans hatten den Weg in die Arena gefunden – und die peitschten, angetrieben vom Fanklub der „HSV Supporters“ ihre Mannschaft pausenlos nach vorne. „Die Unterstützung war wirklich sagenhaft und hat uns beflügelt“, so Köhler. Nach dem 16:16 geriet seine Mannschaft zwar noch einmal mit zwei Toren in Rückstand, dem erneuten Ausgleich zum 19:19 folgte dann aber die erste Zwönitzer Führung durch Tomas Vrana (45.) – anschließend gingen die Gastgeber durch die Decke und zogen bis zur 52. Minute auf 25:21 davon. Als Max Briest zweieinhalb Minuten vor Schluss das 29:25 erzielte, „war ich mir endgültig sicher, dass wir das Ding nach Hause bringen“, so Köhler. Am Ende betrieben die Gäste noch ein bisschen Kosmetik am Ergebnis, mehr aber auch nicht.
HSV-Kreisläufer verletzt sich am Arm
Hinterher feierten die Hausherren ihren zweiten Saisonsieg ausgiebig, mitsamt ihrem Trainer. Der bemühte noch einmal das Motto, unter dem er und seine Mannschaft das Abenteuer Oberliga angegangen waren: „Gekommen, um zu bleiben.“ Nun Sechster, sei man absolut im Soll. „Nach den zwei Heimniederlagen zuletzt gegen Hoyerswerda und Cunewalde war dieser Sieg heute enorm wichtig“, so Tony Kinder. Einen Wermutstropfen gab es allerdings: Kurz nach seinem einzigen Treffer musste Tomas Vrana verletzt raus. Der Tscheche wollte nach einem misslungenen Angriff seines Teams per Hechtsprung den frei am Boden liegenden Ball für seine Mannschaft sichern, rauschte dabei aber mit einem Gegenspieler zusammen und krümmte sich anschließend auf dem Boden. „Er hatte große Schmerzen. Es bestand der Verdacht eines Ellbogenbruchs, was sich aber zum Glück nicht bestätigt hat“, so Kinder.
Gästecoach hadert mit seinem Team
Und bei den Auern? Da war die Stimmung nach der zweiten Saisonpleite verständlicherweise im Eimer. Auch bei Coach Marco Diener, der mit zunehmendem Spielverlauf aus dem Kopfschütteln nicht mehr herauskam und sich sechs Minuten vor Schluss auch noch eine Gelbe Karte wegen Meckerns einhandelte. Hinten löchrig, warfen seine Spieler vorn entweder daneben oder scheiterten am glänzend aufgelegten Albert Baumgarten im Zwönitzer Tor. Schon vor der Pause sei die Leistung nicht so gewesen, wie er sich das vorstelle. „Aber in der zweiten Hälfte haben wir dann gar nicht mehr ins Spiel gefunden, sind nicht als Team aufgetreten und haben zu viele Zeitstrafen kassiert.“ Lichtblicke gab es bei den Gästen nur wenige – am meisten in den Vordergrund spielte sich der hoch aufgeschossene Ramize Athwal, dem mit seinen gefährlichen Würfen aus dem Rückraum ebenfalls acht Treffer gelangen.
Ein solider Mittelfeldplatz sei mit seiner jungen Mannschaft – das EHV-Juniorteam ist derzeit Vierter – in dieser Saison durchaus drin, sagt Marco Diener. „Aber nicht mit Auftritten wie heute.“ Weiter geht es für die Auer erst am 9. November zuhause gegen Koweg Görlitz. Die Zwönitzer müssen bereits kommenden Sonntag beim selben Gegner Farbe bekennen. (jüw)

